Die Bibel im
St.-Paulus-Dom
Seit mindestens 1.700 Jahren gibt es durch Urkunden bezeugt jüdisches Leben in Deutschland, seit 1.200 Jahren ein christliches Gotteshaus in Münster. Beide Traditionen prägen seit Jahrhunderten Menschen und spiegeln sich auch in künstlerischen Zeugnissen. Ohne die hebräische Bibel, die grundlegende Schrift des Judentums, von den Christen als Altes Testament bezeichnet, ist das Christentum nicht denkbar. Die Wertschätzung der jüdischen Ursprünge findet sich in den christlichen Kunstwerken des Domes ebenso wie die über Jahrhunderte dauernde – heute als schmerzhaft empfundene und überwundene – Ablehnung der jüdischen Religion.
Mit „Die Bibel im St.-Paulus-Dom“ entstand 2021 ein Projekt zwischen der Katholisch-Theologischen Fakultät und dem St.-Paulus-Dom, dessen Ergebnisse Ihnen unbekannte und überraschende Blicke auf altbekannte Kunstwerke ermöglichen.
Begrüßung – Die Bibel im St.-Paulus-Dom
Grußwort des Domkapitels zur digitalen Präsentation
„1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ – Kooperationsprojekt Universität Münster und Domkammer
„1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ – dieses wichtige Jubiläum ist Anlass für die Zusammenarbeit zwischen Universität Münster und Dom bzw. Domkammer. In den Kunstwerken des St.-Paulus-Domes finden sich Motive wieder, die einerseits gemeinsame Elemente des christlichen und jüdischen Glaubens aufgreifen, wie z. B. die Prophetenbüsten aus dem Domschatz. Andererseits zeugen sie von einer schmerzhaften Aus- und Abgrenzung der Juden durch die Christen in Münster. Gerade in Zeiten, in denen judenfeindliche Parolen wieder Verbreitung finden, ist es wichtig, die Gemeinsamkeiten und den Respekt für die jeweils andere Religion in den Fokus zu rücken.
Wir freuen uns, dass einige unserer Kunstwerke in dieser Präsentation einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und unter neuen Gesichtspunkten beleuchtet werden: Wie wurden die Bildwerke früher verstanden, wie kann man sie aktuell deuten? Welche Lehren lassen sich daraus für unsere heutige Gesellschaft ziehen?
Unser Dank gilt an dieser Stelle allen an dem Projekt beteiligten – allen voran den Studierenden und Herrn Ludger Hiepel, die mit dem Team der Domkammer eng und engagiert zusammengearbeitet haben.
Wir wünschen Ihnen viele erkenntnisreiche Einblicke!
Ihr
Hohes Domkapitel zu Münster
Prof. Dr. Johannes Schnocks, Dekan der Katholisch- Theologischen Fakultät © Christiane Ostholt
Grußwort des Dekans
zur digitalen Präsentation
Die Kooperation zwischen dem Paulusdom und unserer Fakultät und näherhin zwischen der Domkammer und dem Seminar für Zeit- und Religionsgeschichte des Alten Testaments ist vor dem Hintergrund des Jubiläumsjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ entstanden. Aus biblischer Perspektive ergeben sich hier spannende Möglichkeiten, die Wirkungsgeschichte biblischer Texte und Vorstellungen über die Zeiten hinweg an Originalobjekten zu studieren, die hier in Münster zu unserem christlich-kulturellem Erbe gehören. Die Auseinandersetzung mit diesen Kunstschätzen bringt uns in einen gedanklichen Dialog mit Menschen, die sich wie wir heute an ihren jüdisch-christlichen Traditionen jeweils für ihre Zeit abgearbeitet haben – sei es nun im späten Mittelalter oder in der jüngsten Vergangenheit. Dabei spielt das Verhältnis von Judentum und Christentum – mit all seinen schuldhaften Seiten, aber auch mit der tief verankerten gemeinsamen theologischen Basis – immer wieder eine wichtige Rolle. Gerade hier wird deutlich: Antisemitismus und Antijudaismus können nur wirksam von Menschen bekämpft werden, die die dahinter stehenden Muster und Stereotypen erkennen und entlarven können, und umgekehrt: nur Menschen, die das Judentum kennen, werden auch eine freundschaftliche Beziehung zu ihm aufbauen können.
Ich danke daher – auch als katholischer Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit – Frau Egbringhoff, Frau Lange, Frau Weinebeck und Herrn Hiepel sehr herzlich für das gemeinsame Hauptseminar und die viele Arbeit, die sie zusammen mit den Studierenden in diese gelungene Internetausstellung gesteckt haben.
Eine „Lesebrille“
Wie beschreibt man heute das Verhältnis von Judentum und Christentum? Wie geht man mit schwierigen Kunstwerken früherer Zeiten um, die den jüdisch-christlichen Dialog belasten? Ludger Hiepel bietet im folgenden Interview einen Überblick, stellt das Anliegen des Projekts in diesem Zusammenhang dar und bietet eine Lesebrille für die digitale Präsentation.
Digitale
Präsentation
Im Rahmen der digitalen Präsentation werden fachübergreifende Forschungsergebnisse zu ausgewählten Objekten vorgestellt.
Das Team hinter der „Bibel im St.-Paulus-Dom“
Die Studierenden und Lehrenden, die im Sommersemester 2021 die digitale Präsentation erstellt haben, stellen sich vor:
Mara Albracht
Niklas Hesselmann
Florian Knappheide
Mara Albracht
24 Jahre
Ich habe mit Stationen in München und Frankfurt am Main Theologie studiert und beende mein Studium nun in Münster. Besonders interessant finde ich, wie sich die christliche Tradition das Alte Testament aneignet und leider oft ohne Rücksicht auf die jüdischen Traditionen und Lesarten rezipiert.
Niklas Hesselmann
23 Jahre
Seit drei Jahren studiere ich katholische Theologie in Münster und interessiere mich neben spannenden kirchenpolitischen und theologischen Themen besonders auch für die Shoa. Der Fokus auf die Kunstwerke des Doms hat dazu beigetragen, dass ich mich intensiver mit dem christlich-jüdischen Verhältnis auseinandersetze und sich mir so eine neue Sichtweise darauf eröffnet. Vielleicht teilen Sie diese Erfahrung ja.
Florian Knappheide
21 Jahre
Schon von früher Kindheit an bin ich sehr vertraut mit dem Münsteraner St.-Paulus-Dom und bin immer wieder begeistert von seiner künstlerischen und architektonischen Vielfalt. Von daher freute es mich, dass in diesem Semester ein Seminar zu den Kunstwerken des Doms im Kontext von „1700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland“ angeboten wurde. In der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Objekten konnte ich viel Neues lernen, das wir Ihnen im Folgenden gerne vorstellen wollen.
Stephan Offermann
21 Jahre
Das Pestkreuz stellt für mich als Student der Fächer katholische Religionslehre und Geschichte ein ausdrucksvolles Kunstwerk für die Geschichte jüdischen Lebens in Münster dar. Antisemitische Verschwörungsmythen sind in Zeiten der Coronapandemie wieder stark auf dem Vormarsch. Ich sehe das Pestkreuz daher als Mahnung im Kontext der Pestpogrome in Münster im 14. Jahrhundert und der heutigen Pandemie, dass sich diesen Theorien ganz entschieden entgegengestellt werden muss.
Christian Winkhold
20 Jahre
Im bisher eineinhalb Jahre laufenden Studium der Theologie ist mir immer wieder das sehr ambivalente Verhältnis zwischen Judentum und Christentum begegnet. Während meiner Auseinandersetzung mit dem gewählten Kunstwerk konnte ich mich in diese Thematik vertiefen.
Ludger Hiepel
Ich bin wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Zeit- und Religionsgeschichte des Alten Testaments an der Katholisch-Theologischen Fakultät. In Forschung und Lehre beschäftige ich mich neben dem Alten Testament, der Altorientalistik und bildtheologischen Fragestellungen auch immer wieder mit dem Judentum. Der christliche-jüdische Dialog ist mir dabei ein Anliegen. Mit Projekten wie diesem möchte ich einen theologischen Beitrag leisten, um leider immer noch bestehende Vorurteile – antijüdische Stereotype und antisemitische Verschwörungsmythen – gegenüber
jüdischen Menschen abzubauen.
Stephan Offermann
Christian Winkhold
Ludger Hiepel
Katrin Egbringhoff
Elisabeth Lange
Viktoria Weinebeck
Das Team der Domkammer
Katrin Egbringhoff, Elisabeth Lange und Viktoria Weinebeck
Im Team arbeiten wir seit 2019 als Referentinnen für die Domkammer des St.-Paulus-Doms zu Münster. Als studierte Kunsthistorikerinnen sind wir seit Jahren im Bereich der Ausstellungskuratierung und Kunstvermittlung tätig. In unserer Arbeit mit den Kunstwerken aus Dom und Domschatz entdecken wir immer wieder Bezüge zur jüdischen Religion. Neben wertschätzenden leider auch solche, die eine ablehnende Haltung dokumentieren. Nicht zuletzt der Wunsch der Aufarbeitung und Kontextualisierung solcher Kunstwerke hat uns bewegt diese Kooperation einzugehen.